In Uster ging für die Nachwuchs-Cracks ein spannendes und intensives Jahr zu Ende. Zeit für uns, einen Rück- und Ausblick mit Vera Bagdasarjanz, der Leiterin Nachwuchs von Swiss Badminton, zu machen.
Vera Bagdasarjanz, die Junioren-SM sind stets ein Highlight im Jahreskalender. Wie hast du die diesjährige Austragung in Uster erlebt?
Das ist tatsächlich ein würdiger Jahresabschluss. Mit dem BC Uster hatten wir einen erfahrenen Turnierorganisator mit einer grossen und gut eingespielten Crew von Helfern. An einer Junioren-Schweizermeisterschaft ist für mich besonders spannend zu sehen, ob sich die Favoriten durchsetzen, welche Überraschungen sich im Turnierverlauf ergeben, oder zu sehen, wie sich Spieler:innen körperlich und spielerisch innerhalb nur eines Jahres weiterentwickeln können. Auch dieses Jahr war wieder von allem etwas dabei. Auch die Leidenschaft mit der die Trainer:innen ihre Schützlinge und die Eltern ihre Kinder – nicht nur an diesem Turnier, sondern durch das ganze Jahr – unterstützen, ist unbezahlbar.
Ist es möglich, das Niveau mit demjenigen der letzten Jahre zu vergleichen?
Das ist sehr schwierig, denn man gewöhnt sich so schnell an Fortschritte😊. Ich habe den Eindruck, dass das Niveau vor allem bei den jüngeren Kategorien U13 und U15 insgesamt höher war als in den Vorjahren. Ich habe aber auch beobachtet, dass es doch noch sehr viele Partien mit klarem Ausgang gab, auch bei solchen, wo ich mir einen ausgeglicheneren Match erhofft hätte. Auch wenn wir in der Breite wahrscheinlich stärker geworden sind, gibt es in der Nachwuchsförderung noch viel zu tun, damit diese Breite konstanter und vielleicht noch besser wird.
In mehr als der Hälfte der Fälle hat die Turniernummer 1 gewonnen. Was sagt das aus?
Aus meiner Sicht darf man eine solche Quote erwarten. Mit der Swiss Badminton Junior Series haben wir ein gut funktionierendes Qualifikationssystem für die Junioren-SM und gesetzte Spieler:innen mussten sich das Jahr über mehrfach beweisen. Viele dieser Spieler:innen haben die Schweiz auch schon an internationalen Meisterschaften repräsentiert und haben da gelernt, mit Drucksituationen umzugehen.
Die Spieler:innen werden ja schon früh gescoutet. Hast du dennoch neue Namen auf die Liste bekommen?
Tatsächlich beobachten wir Nachwuchstalente über das ganze Jahr und wir pflegen den Austausch mit den RLZ, damit möglichst kein Talent vergessen geht. In diesem Alter kann aber innerhalb eines Jahres viel passieren und es gibt immer wieder Überraschungen. Dass an einer Junioren-SM jemand quasi aus dem «Nichts» auftaucht ist aber unwahrscheinlich.
Generell war es ein intensives Jahr, mit Teilnahmen von Schweizer Nachwuchscracks an den Junioren-WM, aber auch an den verschiedenen Junioren-EM-Turnieren. Wie fällt deine Bilanz aus?
Sehr positiv. Natürlich strahlt die Bronzemedaille von Santiago Araujo an der U15-EM am hellsten. Aber wir dürfen auch viele andere wertvolle Resultate und Erfahrungen aus diesem Jahr mitnehmen. Beispielsweise wurde an der U15-EM von 5 verschiedenen Spieler:innen mindestens ein Spiel gewonnen (insgesamt 9 Spiele), während an der U15-EM 2022 nur drei Spieler:innen reüssiert hatten und 2020 hatten wir gerade einmal einen Satz gewonnen. Die Junioren-WM nutzten wir in erster Linie als Ausbildungsevent, der es Leila Zarrouk und Jorina Jann ermöglichen sollte, Erfahrungen im asiatischen Raum zu sammeln und sich auf die Junioren-EM 2024 vorzubereiten. Bei der JEM war es unser grosses Ziel, mit dem Team die Viertelfinals zu erreichen. Das es das Team auch ohne Setzplatz sehr souverän und erstmalig überhaupt geschafft hat, hat uns riesig gefreut. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass wir in der Breite näher an die europäische Spitze herankommen. Umso hoffnungsvoller waren wir für das Individualturnier, wo wir fünfmal die Achtelfinals erreichten. Die Enttäuschung war dann im ersten Moment gross, als innert weniger Stunden alle Partien verloren gingen. Aber aus Niederlagen gibt es bekanntlich viel zu lernen und hoffentlich macht es uns und die Spieler:innen für die Zukunft noch stärker.
In den letzten Jahren gab es für die kleine Schweiz regelmässig eine Medaille an EM-Turnieren zu feiern. Worauf führst du das zurück?
Das liegt sicher zu einem grossen Teil daran, dass viele regionale Leistungszentren immer professioneller werden, gut arbeiten und die Spieler:innen so ein immer besseres tägliches Trainingsumfeld haben. Täglich ist dabei keine Übertreibung. Der von Swiss Badminton ausgearbeitete Athlet:innenweg sieht bereits für U15-Spieler:innen, die internationale Ziele verfolgen, 18 Stunden Training pro Woche vor. So viel trainiert unsere europäische Konkurrenz. Der Athlet:innenweg orientiert auch über die Turnierplanung oder wie man eine möglichst optimale duale Karriere anstrebt. All diese Informationen geben den engagierten Spieler:innen, Eltern, Trainer:innen und Funktionär:innen einheitliche Leitlinien für die Nachwuchsförderung. Swiss Badminton unterstützt die RLZ finanziell mit Förderbeiträgen und hilft mit einem auf Kriterien basierten Label-System, die Strukturen weiter zu optimieren.
Wo siehst du im Vergleich zu den europäischen Top-Nationen noch Steigerungsbedarf?
Ein bis an der Basis etablierter Athlet:innenweg ist eine wichtige Grundvoraussetzung. Zudem haben wir viele engagierte Trainer:innen, Eltern und Funktionär:innen, ohne die es nicht funktionieren würde. Ich glaube aber, dass wir mit einer besseren Zusammenarbeit noch viel erreichen könnten. Clubs und RLZ, Trainer:innen, RLZ untereinander und auch zwischen Swiss Badminton und den RLZ könnten Synergien besser genutzt werden. Ideal wäre auch eine frühere Zentralisierung und wenn wir noch mehr höherprozentig angestellte und gut ausgebildete Trainer:innen auf allen Stufen hätten.
Wo liegt der Hauptfokus für das Jahr 2025?
Aktuell sind wir noch an der Planung für das neue Jahr und wir sind gespannt, ob wir in den oben genannten Bereichen Verbesserungen erzielen können. Sportlich wollen wir unsere U19- Spieler:innen möglichst gut auf den Übertritt in die Elite vorbereiten. Für die U17 wird es eine EM geben. Unser U15-Kader ist in diesem Jahr sehr jung mit einigen Spieler:innen, die sogar noch U13 sind. Dieses Kader soll lernen, was es bedeutet, Badminton als Leistungssport auzuüben und dabei viele Erfahrungen für eine erfolgreiche Zukunft sammeln.