«Schiedsrichtern ist Kommunikation und Menschenführung»

Information

«Schiedsrichtern ist Kommunikation und Menschenführung»



Seit 20 Jahren ist Péter Mészàros als Schiedsrichter in der Schweizer Badmintonszene bekannt. Mittlerweile hat er gegen 3000 nationale und internationale Partien arbitriert, ist Stammgast an den grössten Events der Welt und war auch schon zweimal an den Paralympics dabei, wo er vor zwei Monaten in Paris das für Insider meistbeachtete Finalspiel leiten durfte. An vorderster Front engagiert er sich seit Jahren in der Aus- und Weiterbildung von Schiedsrichtern und begleitet als Mentor andere Unparteiische auf ihrer internationalen Karriere. Im Interview anlässlich der Week of the Referee spricht der Familienvater über seinen Werdegang, die Faszination am Schiedsrichtern und die Höhepunkte seiner bisherigen Laufbahn.

 

Péter Mészàros, wie ist die Leidenschaft für das Schiedsrichterwesen bei dir entstanden? Wie bist du dazu gekommen?

Péter Mészàros: Ich glaube, so wie bei vielen Schiedsrichtern, eigentlich über das Obligatorium. Vor 20 Jahren an der GV des BC Adliswil hiess es, wir müssen drei Schiedsrichter stellen. Der Präsident sagte, er warte so lange, bis drei Hände oben sind. Ich hatte mich erst vor kurzem dem Club angeschlossen und habe mich dennoch zur Verfügung gestellt, ohne genau zu wissen, worauf ich mich einlasse. Den Grundkurs habe ich noch bei Ivo Kassel absolviert, da war er bereits BWF-Schiedsrichter und 2022 bin auch ich in diesem höchsten Rang angekommen.

 

Wie hast du dich weiterentwickelt?

Anfangs leitete ich nur Interclub-Matches in der Nationalliga A. Mit den ersten Turnieren erkannte ich die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Schiedsrichter. Bei den Schweizer Meisterschaften der Elite entdeckte ich meine Begeisterung für die Schiedsrichtergemeinschaft. Ebenfalls lernte ich da, dass Schiedsrichtern mehr als technische Kenntnisse erfordert – es geht darum, ein Gefühl für die Spieler zu entwickeln und die Spiele in Echtzeit zu analysieren. Kurz darauf übernahm ich die Ausbildung neuer Schiedsrichter und fand in dieser Mentorenrolle eine neue Perspektive. Für mich ist Schiedsrichtern eine Mischung aus Kommunikation und Menschenführung.

 

Was macht einen guten Schiedsrichter aus?

Ein guter Schiedsrichter bleibt im Hintergrund und ermöglicht den Spielern, sich auf ihr Spiel zu konzentrieren. Das bedarf einiger Jahre an Erfahrung und Hunderte von Spielen. Dabei eignet man sich eine breite Auswahl an Interventionsmöglichkeiten an – ich nenne dies den «Werkzeugkasten». Eine gute Beobachtungsgabe und das richtige Gespür helfen dabei, eine Entwicklung zu interpretieren und die nächsten zu antizipieren. Resilienz und Lernbereitschaft runden das Profil in meiner Meinung ab.

 

Welche Momente aus deiner langen und erfolgreichen Karriere sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Es gibt zum Glück viele solche speziellen Momente. Vor kurzem hinzugekommen ist ein Herrendoppel bei den Arctic Open. Die Titelverteidiger aus Dänemark spielten gegen die mehrfachen Weltmeister aus Malaysia, «The Daddies». Ich schaffte es, das aktionsgeladene Spiel unauffällig zu lenken damit es sich für die Zuschauer und Spieler reibungslos gestaltete. Die Aufschlagrichterin in diesem Spiel hat dies unmittelbar mitverfolgt und lobte mich nach dem Spiel für meine effektive, aber dennoch subtile Schiedsrichterarbeit. Solche Rückmeldungen unter Gleichgestellten bestätigen mir, dass ich einen guten Job gemacht habe.

 

Wie hast du die Paralympischen Spiele erlebt und welche Erfahrungen hast du im Parabadminton?

Paris2024 war nach Tokyo2020 meine zweite Teilnahme als Schiedsrichter an Paralympischen Spielen. Paris war ein Sommerfest, bei dem nicht nur die Erfolge der Franzosen, sondern auch andere Athletinnen und Athleten lautstark gefeiert wurden. Besonders in Erinnerung bleibt mir das Herreneinzel um Gold in der Kategorie SH6 zwischen Charles Noakes (FRA) und Krysten Coombs (GBR), das ich leiten durfte. Die Schweizer Parabadminton-Delegation kenne ich gut und habe mich besonders über die Bronzemedaille von Ilaria Renggli gefreut. Die Spiele erforderten hohe Aufmerksamkeit und Anpassungsfähigkeit, was diese sowohl für Athleten als auch für Schiedsrichter anspruchsvoll machten. Der direkte Kontakt mit der Parabadminton-Community bedeutet mir viel. An Parabadminton schätze ich als Schiedsrichter, dass die verschiedenen Kategorien unsere Fähigkeit zum Umdenken fördern und uns eine ausgeprägte Beobachtungstechnik sowie mentale und körperliche Ausdauer abverlangen.

 

 

Wie haben sich die Anforderungen an Schiedsrichter im Laufe der Jahre verändert?

Der Sport ist schneller und dynamischer geworden, und die Schiedsrichter müssen sich an diese Entwicklungen anpassen. Es ist wichtig, die Kontrolle über die eigenen Emotionen zu behalten und objektiv zu bleiben. Die Rolle des Schiedsrichters erfordert Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Ich sehe meine Aufgabe nicht nur als technische, sondern auch als menschliche Herausforderung. Medial sind wir Schiedsrichter heutzutage einem grösseren Druck ausgesetzt. Es gibt verschiedene Beispiele für umstrittene Situationen oder Fehlentscheide, die sich sehr rasch in den Sozialen Medien verbreiten.

 

Wie selbstkritisch bist du?

Ich bin ausgeprägt selbstkritisch und analysiere meine eigenen Spiele, um mich ständig zu verbessern. Für mich gibt es keinen perfekten Match, ich finde immer etwas, das ich noch verbessern kann. Die Anforderungen an Schiedsrichter haben sich im Laufe der Jahre verändert, und ich habe mich diesen Entwicklungen erfolgreich angepasst.

 

« Zurück