Ilaria Renggli hat ihre Paralympics-Premiere mit der Bronzemedaille veredelt. Im kleinen Final im Einzel setzte sich die Aargauerin mit 21-13, 21-14 gegen die Japanerin Yuma Yamazaki durch.
«Ich bin müde, erschöpft, aber extrem glücklich», fasste Ilaria Renggli wenige Minuten nach dem Matchball und den ersten TV- und Radiointerviews ihre Emotionen zusammen. Es war ihr neuntes Spiel innert fünf Tagen gewesen, in einer Atmosphäre, wie sie es zuvor noch nie erlebt hatte. Die Müdigkeit habe sie noch einmal verdrängen können, gab sie später zu Protokoll: «Ich sagte mir: Es ist mein letztes Spiel und ich gebe noch einmal alles. Nachher kommen die Ferien.»
Beeindruckend, die Abgeklärtheit, mit der sie im Bronzespiel gegen die um ein Vielfaches routiniertere Japanerin erneut auftrat. Bis auf wenige Situationen diktierte sie das Geschehen und es war im Prinzip ein Start-Ziel-Sieg: Yamazaki, Goldgewinnerin im Doppel in Tokio, führte genau einmal, mit 1-0 im ersten Satz. Noch beeindruckender, dass Renggli nach einem kräftezehrenden Turnier und der Enttäuschung vom knapp verlorenen Bronzespiel vom Vorabend an der Seite von Cynthia Mathez noch einmal solche Reserven mobilisieren konnte.
Sie hätte sich das Edelmetall kaum mehr verdienen können: Die 24-Jährige hatte eine extrem schwierige Gruppe erwischt. Damit sie diese überstand, musste sie die Weltmeisterin von 2022 ausschalten, dazu besiegte sie die Nummer 3 des Turniers und nun die starke Japanerin. Ihre einzigen beiden Niederlagen kassierte sie gegen die Chinesin Li Hongyan und auch da schlug sie sich hervorragend. Renggli ist nun die weltweit beste Spielerin ausserhalb Chinas. «Das tönt schon speziell», sagte sie, leicht verlegen.
Die 24-Jährige aus Hottigen hat sich mit diesem Resultat ihren Platz in der Schweizer Paralympics-Geschichte gesichert. Es ist die erste Schweizer Badmintonmedaille an diesen Weltspielen überhaupt und überhaupt ist die Schweiz erst die dritte europäische Nation, die im Parabadminton in die asiatische Phalanx eindringt. Zu den ersten Gratulanten zählten Swiss Badminton-Präsident Robbert De Kock, die Sportchefs von Swiss Paralympic Olivia Stoffel und Andy Heiniger sowie Präsident Laurent Prince.
Marc Lutz: «Wenn es drauf ankommt, liefert sie ab»
Ilaria Renggli spielt erst seit 2020 Rollstuhl-Badminton, die ehemalige Kunstturnerin hat aber in der kurzen Zeit unfassbare Fortschritte gemacht. Sie ist sehr fokussiert, lernwillig und mental stark. Nationaltrainer Marc Lutz blickt auf die letzten Tage zurück: «Hätte vor einer Woche jemand gesagt, dass sie die Gruppe übersteht und vielleicht noch eine Partie gewinnt, wir hätten sofort unterschrieben. Sie hat aber einen unglaublichen Steigerungslauf hingelegt, ein Spiel nach dem anderen genommen und jedesmal unglaubliche Leistungen gezeigt. Und das ist ihre Stärke: Wenn es drauf ankommt, liefert sie ab.»
Ebenso klar: Ilaria Renggli steht erst am Anfang ihrer Karriere und hinsichtlich Los Angeles in vier Jahren werden sich einige Gegerinnen warm anziehen müssen - vermutlich auch die Chinesinnen. Marc Lutz sagt es so: «Ilaria hat noch viel Steigerungspotenzial.»
Das ganze Team im Aufschwung
Generell kann Lutz für das Team, dem auch Cynthia Mathez und Luca Olgiati angehören, zuversichtlich in die Zukunft schauen: «Ich denke, das kann eine Erfolgsgeschichte werden. Alle drei sind super diszipliniert und professionell. Wir sind ganz klar auf dem aufsteigenden Ast.»
Nicht zu vergessen im Erfolgsmosaik sind die Betreuer: Einerseits Marc Lutz, der im «zivilen» Badminton in der Nationalliga B für den BC Zug spielt, andererseits Physiotherapeut Jano Probst, ebenfalls ein Mann mit viel Fachwissen und langer Badmintonvergangenheit. Marc Lutz charakterisiert den «Unbekannten» im Fünferteam so: «Er ist unglaublich wertvoll. Er hat das volle Vertrauen der Athlet:innen und ist sehr nahe bei ihnen. Und auch für mich als Trainer, oft können wir uns kurz absprechen und austauschen. Die Erfolge dieser Woche wurden sicher auch möglich, weil wir so zusammen agieren konnten.»
Zweimal Gold und einmal Bronze an der Senioren-EM
Nicht weniger als 57 Schweizer:innen nahmen letzte Woche an der Senioren-EM in Belgien teil. Neben der Quantität stimmte auch die Qualität: Gold gab es im Doppel 40+ durch Kai Waldenberger/Jan Fröhlich und in der Kategorie 45+ durch Oliver Colin mit seinem dänischen Partner Morten Eilby Rasmussen, zudem Bronze im Einzel 40+ für Fröhlich und etliche weitere Viertelfinalplätze. Herzliche Gratulation dem ganzen Team!
Alles in allem war es ein grossartig organisiertes Turnier. Wie immer kam auch das Soziale nicht zu kurz. Die EM ist wie ein riesiges Familienfest. Man trifft sich, plaudert und trinkt gemeinsam ein Gläschen über die Landesgrenzen hinaus.
In diesem Jahr gab es auch ein kleines „Spiel“. Das Maskottchen „Smashy“ ging auf Europatournee. Die Plüschmaus machte sich von Badmintontasche zu Badmintontasche auf den Weg. Sie startete in England, ging weiter nach Schottland, Österreich, Schweiz, Dänemark, Holland, Spanien, Deutschland, Frankreich, Wales, Portugal, Schweden, Nordirland, Lettland und endete wahrscheinlich in Polen. Ausgedacht haben sich dieses witzige Spiel Ineke Lotgering aus Holland und Franziska Striebel.
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Dounia Pelupessy im Achtelfinal in Riga
Beim Latvia Open in Riga, einem Turnier der Future Series, sorgte Dounia Pelupessy für das beste Resultat aus Schweizer Sicht. Die Lausannerin, die zuletzt lange verletzt gewesen war, erreichte nach einem Startsieg gegen eine Estin die Achtelfinals. Dort unterlag sie in drei Sätzen der starken Schottin Rachel Sugden.
Milena Schnider schied in der Startrunde aus. Die als Nummer 3 gesetzte Zürcherin gewann den Startsatz gegen die Schwedin Mirjam Lindgarde, verlor dann aber gegen die spätere Halbfinalistin einen Krimi mit 27-29 und 15-21.
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Fionn Fallah in Irland mit Matchgewinn
Beim Irish Open U19 war aus Schweizer Sicht einzig Fionn Fallah am Start. Der Nachwuchsmann aus Murten überstand im Einzel eine Runde und erreichte so die Sechzehntelfinals.
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Die Schweiz ist in Slowenien fünfmal gesetzt
Mit den Schweizer:innen ist beim Future-Series-Turnier in Ljubljana zu rechnen. Gleich fünf Positionen in den Gesetztenlisten werden durch Spieler:innen von Swiss Badminton besetzt: Joel König ist die Nummer 5 im Herren-Einzel und Nicolas A. Müller die Nummer 13. Jorina Jann/Leila Zarrouk sind die Nummer 1 im Damen-Doppel, Lucie Amiguet/Caroline Racloz die Nummer 4 und im Mixed ruhen die Hoffnungen schliesslich auf Yann Orteu/Caroline Racloz (Nummer 7).
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